Griechenland Aktuell sprach mit Dr. Herbert Speckner, Historiker, Autor, Übersetzer griechischer Literatur und Philhellene, aktives Vorstandsmitglied des „Otto König von Griechenland-Museums“ in Ottobrunn bei München, zuständig u.a. auch für die Öffentlichkeitsarbeit, über das Ottobrunner Museum, die Gedenkfeier anlässlich des 150. Todestages von König Otto und über die deutsch-griechischen Beziehungen: 

1.Sie sind im Vorstand eines kleinen, aber renommierten Museums, das sich „Otto König von Griechenland-Museum“ nennt.  Was ist das Besondere dieses Museums? 

Das Besondere daran ist, dass ein kleines Gemeindemuseum dank des Engagements bayerischer Philhellenen einen umfassenden Einblick in die gesamte Epoche der gemeinsamen griechisch-bayerischen Geschichte bietet. So stillt es den Wissensdurst deutscher und griechischer Schulklassen genauso wie das spezielle Interesse renommierter Geschichtskenner aus aller Welt, insbesondere aber auch aus Griechenland. Gegründet wurde das Museum 1989 von einem Privatmann, dem Kinderarzt und Philhellenen Professor Jan Murken, spontan wurde es von der Gemeinde Ottobrunn übernommen und heute wird es von allen Fraktionen im Rathaus einhellig getragen und von einem Förderkreis aus deutschen und griechischen Geschichtsfreunden tatkräftig unterstützt.

Ottobrunns Namenspatron ist König Otto, der sich 1832 bei seiner Reise nach Griechenland auf dem Gelände der heutigen Gemeinde von seinem Vater König Ludwig I. von Bayern verabschiedete. Deshalb trägt auch das Museum seinen Namen, aber es ist stolz darauf, dass es nicht nur Ottos Leben und Werk zeigt, sondern mit seinen mehr als 500 Ausstellungsstücken genauso den griechischen Freiheitskampf und das Wirken von Griechen und Bayern aller Schichten beim Aufbau des jungen griechischen Staatswesens exakt dokumentiert.  Demonstrativ hängt in der gleichen Vitrine das Bildnis der königlichen Wäscherin neben dem Porträt von Königin  Amalie.

2.Anlässlich des 150. Todestages von König Otto wird am 26. Juli 2017 eine große Gedenkfeier veranstaltet. Wie ist es dazu gekommen? Welche Personen, Institutionen etc. nehmen daran teil?

Die Träger und Freunde des Museums wollten den 150. Todestag König Ottos eigentlich nur mit einer bescheidenen Feier in der Münchner Theatinerkirche begehen, in deren Krypta Otto und Amalie ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Aber der Erzpriester Vater Apostolos Malamoussis, die Seele der Münchner griechisch-orthodoxen Gemeinde, griff den Gedanken begeistert auf und der Funke sprang über auf zahlreiche deutsche und griechische Institutionen wie das griechische Generalkonsulat, die Griechische Akademie, die griechische Gemeinde Haar und die berühmte Glyptothek am Münchner Königsplatz, die alle als Mitveranstalter zeichnen. So wird die Doppelfeier in der katholischen Theatinerkirche und in der griechisch-orthodoxen Salvatorkirche, die 1828 von König Ludwig I. der damaligen griechischen Gemeinde übergeben wurde, in würdigen Rahmen in großem Stil begangen. Was König Otto im Leben nicht gelang, wird nun ergreifende Realität: Die griechisch-orthodoxe, die katholische und die evangelische Kirche vereinigen sich in ökumenischer Verbundenheit, um des toten Monarchen in gemeinsamen Gebet feierlich zu gedenken. Auch weltliche Institutionen aller Art reichen sich die Hände: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer schrieb ein flammendes Grußwort, ein griechisch-orthodoxer Bischof, die griechische Generalkonsulin und hohe Vertreter von Freistaat Bayern, Stadt München und Gemeinde Ottobrunn kommen genauso zu Wort wie Museumsgründer Professor Murken, der die Teilnehmer mit „Ottos Wirken im neuen Hellas“ bekannt macht. Dazu erklingen ehrwürdige byzantinische Hymnen neben alten bayerischen Griechenlandliedern.

3.Auf welche Kleinodien oder Exponate des „Otto König von Griechenland-Museums“ sind Sie besonders stolz?

Genau genommen auf Zweierlei: Einerseits besitzt das Otto-Museum kunsthistorische Kostbarkeiten, um die es große Museen europäischer Metropolen beneiden: Zum Beispiel König Ottos goldene Taschenuhr, die Königin Amalie im Bamberger Exil nach seinem Tode seinem Leibarzt schenkte, obwohl er Ottos Leben nicht retten konnte. Andererseits aber Originale von Dokumenten, deren Texte die griechisch-bayerische Geschichte in entscheidenden Momenten geprägt haben: Ottos eine neue Zeit einläutende Proklamation bei der Ankunft in Nafplio 1832, seine Regierungserklärung bei seiner Thronbesteigung 1835 und seine Einwilligung in die griechische Verfassung von 1843. Sie alle bezeugen Ottos stetes Bemühen um das Wohl des Landes, das ihm zur zweiten Heimat wurde und dem seine letzten Worte auf dem Totenbett galten: „Griechenland, mein liebes Griechenland“. Aber auch bislang völlig unbekannte Dokumente lassen plötzlich die Geschichte in neuem Licht erscheinen, so ein Dekret König Ottos, mit dem er die griechische Privatwirtschaft durch „Outsourcing“ von Staatsaufgaben ankurbeln wollte.

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4.Wie sehen heute die deutsch-griechischen Beziehungen aus, nachdem sie während der sogenannten Finanzkrise so gelitten haben?

Hier muss man die Stimme von Herz und Hirn unterscheiden. Auch treue Griechenlandfreunde stehen mit schmerzlichem Unverständnis vor  der Tatsache, dass es Griechenland nicht gelingt, notwendige Reformen durchzuführen, die darniederliegende Wirtschaft anzukurbeln, tüchtigen jungen Leuten eine Berufschance zu bieten, um das Land wieder aufzubauen und notorische Steuersünder zur Rechenschaft zu ziehen. Da aber auch ihnen eine Patentlösung nicht einfällt, lassen die meisten lieber das Herz sprechen. Und da scheint sich Gottlob nichts geändert zu haben. Dass das Interesse an Griechenland nicht nachgelassen hat und die Freundschaft nicht wankt, geht schon allein daraus hervor, dass nach wie vor zahllose Deutsche ins König-Otto-Museum pilgern und auch der Zustrom zu den alljährlich auf dem Münchner Odeonsplatz stattfindenden Griechisch-Bayerischen Kulturtagen nicht abebbt. Auch die spontane Zusammenarbeit von Bayern und Griechen bei der Vorbereitung der 150-Jahr-Gedenkfeier spricht da Bände.    (AL)