Die Städtische Galerie Chania präsentiert in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Kultur, Forschung und Dokumentation der Bank von Griechenland die Ausstellung „Kunstreisen: Werke aus der Sammlung der Bank von Griechenland“, die noch bis zum 2. November 2025 zu sehen ist. Die Ausstellung deckt den Zeitraum von 1870 bis 2024 ab und zeichnet anhand einer der bedeutendsten, sorgfältig kuratierten Sammlungen des Landes die Entwicklung der modernen griechischen Kunst nach.
Charis Kanellopoulou, Kunsthistorikerin, wissenschaftliche Beraterin und Kuratorin der Kunstsammlung der Bank von Griechenland, lädt dazu ein, die historischen und kulturellen Narrative zu erkunden, die Griechenlands Kunstlandschaft geprägt haben.

Die Ausstellung vereint bedeutende historische Maler, renommierte Modernisten und aufstrebende zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler und gliedert sich in drei thematische Abschnitte, die sogenannten Reisen. Jede Reise spiegelt die ästhetischen Tendenzen und Bestrebungen ihrer Epoche wider und zeigt, wie künstlerischer Ausdruck unterschiedlichen künstlerischen, ideologischen und sozialen Zielen diente.
Der kuratorische Essay von Charis Kanellopoulou bietet einen fundierten Rahmen für diese herausragende Auseinandersetzung mit der griechischen Kunst.
Erste Reise: Von der Antike zu den Meeren (19. Jahrhundert – Anfang des 20. Jahrhunderts)
Dieser Abschnitt zeigt Werke aus dem 19. Jahrhundert bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts – einer prägenden Epoche, in der die Grundlagen der modernen griechischen Kunst gelegt wurden.
Stark beeinflusst von der Münchner Schule sowie ihrer akademischen Romantik und ihrem Realismus widmeten sich die Künstler Themen der Mythologie, des städtischen Lebens und der Naturlandschaft und kombinierten dabei idealisierte mit naturalistischen Darstellungsweisen.
Mit der Jahrhundertwende waren griechische Künstler zunehmend in internationalen Kunstzentren wie Wien und Paris aktiv. Sie beschäftigten sich mit Impressionismus, Symbolismus und Expressionismus, griffen aber weiterhin auf nationale Themen zurück.
Gemälde aus dieser Zeit zeigen Porträts, Szenen und Bräuche des aufkommenden Bürgertums, wie sie in den Werken von Spyros Vikatos, Thaleia Flora-Karavia und Georgios Iakovidis dargestellt werden. Der unverwechselbare Stil jedes Künstlers wird dabei deutlich, häufig angereichert mit psychografischen Ansätzen, die den inneren Charakter der Porträtierten erkunden.
Den Abschluss der ersten Reise bilden Seelandschaften aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Die Meeresatmosphäre und ihre durch wechselnde Wetterbedingungen geprägte Vergänglichkeit werden mit bemerkenswerter Meisterschaft dargestellt und regten die Künstler der Zeit zu vielfältigen Interpretationen an.

Das Meer, die Schönheit der Natur, Küstenlandschaften als Bühne menschlicher Aktivitäten sowie das Leben griechischer Seeleute und Fischer spiegeln sich auf eindrucksvolle Weise in den Werken von Ioannis Altamouras, Konstantinos Volanakis, Sophia Laskaridou und Periklis Vyzantios wider.
Diese Darstellungen basieren auf der akademischen Malerei des 19. Jahrhunderts und entwickelten sich allmählich weiter, um impressionistische, symbolistische und expressionistische Elemente sowie lyrische Interpretationen auf Leinwand aufzunehmen.

Zweite Reise: Von modernistischer Innovation zu avantgardistischen Experimenten (1920er–1970er Jahre)
Dieser Abschnitt der Ausstellung beginnt in den 1920er Jahren und beleuchtet die neuen Richtungen der griechischen Moderne, die in den avantgardistischen Experimenten der 1960er und 1970er Jahre gipfeln. In dieser Zeit löste sich die griechische Kunst zunehmend von starren akademischen Traditionen, integrierte Elemente der westlichen Moderne und bewahrte zugleich eine starke Verbindung zur nationalen Identität und zur lokalen Landschaft.
Die Reise beginnt mit Werken von Künstlern, die der griechischen Malerei in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts neuen Schwung verliehen, und endet mit Arbeiten von Malern, die die griechische Avantgarde verkörperten und ihre künstlerische Praxis in den 1960er und 1970er Jahren etablierten. In dieser Zeit entfernte sich die griechische Malerei zunehmend von akademischen Normen und suchte nach freieren Ausdrucksformen, geprägt von den Einflüssen der westlichen Moderne.

Ein bemerkenswertes Beispiel ist Konstantinos Parthenis. Sein anthropozentrischer und symbolistischer Ansatz stellt historische Figuren in einem abstrakten, kantigen und chromatisch zurückhaltenden Stil dar und schlägt damit eine Brücke zwischen modernistischen Bewegungen und byzantinischen Kunsttraditionen.
Spätere Werke bewahrten ihre modernistische Sensibilität, richteten den Fokus jedoch zunehmend auf die Landschaft. Im frühen 20. Jahrhundert und darüber hinaus wurde die griechische Natur zu einem zentralen Thema für Künstler wie Konstantinos Maleas und Spyros Papaloukas, die Landschaft und charakteristisches Licht als Ausdruck sowohl nationaler Identität als auch avantgardistischer Ideen interpretierten. Dieses thematische Interesse setzte sich auch in der Druckgrafik fort: Künstler wie Giorgos Velissaridis, Vasso Katraki und A. Tassos nutzten Holzstichtechniken, um eindrucksvolle visuelle Effekte zu erzielen und die Darstellung der natürlichen Umgebung zu vertiefen.

Ab den 1950er Jahren setzte sich die Entwicklung der griechischen Landschaftsmalerei fort, getragen von Künstlern, die sich diesem Genre verschrieben hatten. Panayiotis Tetsis etwa betonte leuchtende Farben und strahlendes Licht, während andere – darunter Koula Marangopoulou, Celeste Polychroniadi, Lambros Orfanos und Paris Prekas – die Landschaft zunehmend abstrahierten und als Raum für expressive Experimente nutzten, geprägt von Farbe, Stilisierung, Rhythmus und Bewegung. Spätere Maler wie Michalis Katzourakis und Valerios Caloutsis strebten kompositorische und konzeptionelle Innovationen an und verbanden diese mit traditionellen Motiven.

Dieser Übergang leitete in den 1960er und 1970er Jahren eine neue Generation von Künstlern ein, die wesentlich dazu beitrugen, die griechische Avantgarde an internationale Kunstströmungen anzunähern. Für sie wurde die Abstraktion zu einem Raum für Experimente mit unterschiedlichen Techniken und Formen. Yorgos Lazongas und Dimitris Alithinos beschäftigten sich mit der Überlagerung historischer Ereignisse und der Verflechtung zeitlicher Narrative, während Rena Papaspyrou Fragmente urbanen Verfalls einbezieht, um latente Landschaften zu schaffen, die Zeit und Ort zugleich verkörpern. Leda Papaconstantinou interpretiert kollektive Symbole mit dynamischen Farben und Texturen neu und verleiht diesen emblematischen Motiven frische Vitalität.

Dieser Abschnitt endet mit Künstlern, die Themen der menschlichen Existenz und des modernen Lebens durch verschiedene künstlerische Ausdrucksformen erkunden, die durch gemeinsame thematische Anliegen verbunden sind. Jason Molfessis reflektiert die menschliche Gestalt im Verhältnis zu Technologie und Mechanisierung, während Vangelis Dimitreas eine lebendige, fragmentierte Figur präsentiert, die die Spannungen des modernen Lebens symbolisiert. Constantin Xenakis thematisiert die menschliche Bedingung durch einen charakteristischen visuellen Code, inspiriert von urbanen Erfahrungen.
Dritte Reise: Von der modernen Darstellung zur zeitgenössischen Abstraktion (1970er Jahre bis heute)
Die Rückkehr zur Darstellung – der zentralen visuellen Sprache für die menschliche Gestalt – eröffnet den dritten Abschnitt. Im Einklang mit der fotografischen Suche, den Moment festzuhalten, richten Porträts zunehmend den Fokus auf psychografische Introspektion und vermitteln ein intensiveres Verständnis der individuellen Persönlichkeit. Die menschliche Figur wird dabei unterschiedlich interpretiert: Werke von Yannis Tsarouchis, Giorgos Rorris und Stefanos Daskalakis betonen psychografischen Realismus, verwurzelt im Alltag, während Tassos Mantzavinos und Edouard Sacaillan die psychografische Tiefe mit expressionistischer Intensität erforschen und dabei Design und Form einsetzen, um das psychologische Verständnis zu vertiefen.

Nikos Kessanlis vermittelt menschliche Präsenz durch mechanische Mittel, Makis Theofylaktopoulos durch stark umrissene Figuren, und Christina Calbari durch nachdenkliche Gestalten vor imaginären Landschaften, die der Interpretation offenstehen.
In der zeitgenössischen Kunst bleibt die menschliche Figur entweder ein dominierendes erzählerisches Element oder wird suggestiv eingesetzt, oft in Verbindung mit dem erneuten Interesse an der antiken griechischen Kultur und der jüngsten Geschichte, wie sie in persönlicher und kollektiver Erinnerung bewahrt wird. Dies spiegelt sich in den Arbeiten von Kyriakos Katzourakis, Vana Xenou und Thalia Chioti wider.
Ein thematischer Wechsel markiert die nächste Phase: Landschaften, die aus persönlichen Erinnerungen sowie symbolischen oder konzeptuellen Bestrebungen entstehen. Seit den 1990er Jahren dient die moderne Landschaftsmalerei als Ausgangspunkt für Künstlerinnen und Künstler, die sowohl traditionelle als auch neue Themen erforschen. Oft erscheint die Stadt als Kulisse, die den Puls der zeitgenössischen Realität widerspiegelt, wie in den Werken von Dimitris Andreadakis, Ilias Papailiakis, Io Angeli, Markos Kampanis, Anestis Ioannou und Maria Ikonomopoulou.

Natürliche Landschaften treten als zentrales Thema hervor und rufen oft Nostalgie oder Umweltbewusstsein hervor. Sie werden realistisch, abstrakt oder symbolisch dargestellt und spiegeln häufig persönliche Erfahrungen wider, während sie die Betrachterinnen und Betrachter einladen, weitere historische, soziale oder kulturelle Bedeutungen zu entdecken. Künstlerinnen und Künstler wie Maria Ziaka, Jannis Psychopedis, Maria Filopoulou, Miltos Golemas, Yannis Michailidis, Panos Charalambous, Michalis Manousakis und George Stamatakis sind dafür beispielhaft.

Am Ende dieser Erkundung entsteht die zeitgenössische Abstraktion, wenn Künstler von buchstäblichen Landschaften zu reineren, materiellen, spirituellen oder symbolischen Orten übergehen. Malerinnen und Maler wie Yiannis Adamakos, Eugenia Apostolou, Katerina Sarra, Manolis Charos und Kostis Velonis präsentieren subjektive Visionen, die sich auf die Poesie von Farbe und Licht, die Bewegung von Materialien und rhythmische Oberflächenmuster konzentrieren. Mit individuellen Methoden und Innovationen situieren sie ihre Arbeiten in einem breiteren intellektuellen Kontext, der darauf abzielt, die Malerei weiterzuentwickeln und die greifbare Welt in kontemplative künstlerische Ausdrucksformen zu verwandeln.
Titelbild: Jannis Psychopedis, Landschaft von Kefalonia, Sammlung der Bank von Griechenland
Originaltext: Greek News Agenda, “Journeys in Art”: A Chronicle of Greek Art
(PS)