Der Weg bis zur Erklärung der Unabhängigkeit Griechenlands war lange und beschwerlich. Die Vorbereitungen, die zur Griechischen Revolution führten, fingen bereits gegen Ende des 18. Jh. an. Impulse dafür kamen aus der großen griechischen Diaspora, die wiederum von der Französischen Revolution von 1789 inspiriert war. Gelegentliche Revolten und Aufstände im osmanischen Reich, welches in dieser Zeit den ganzen Balkanraum beherrschte, gab es immer wieder.
Im Jahr 1770, im Zuge des russisch-osmanischen Krieges (1768–1774) brach auf der Peloponnes ein gut organisierter Aufstand aus und erfasste auch Teile von Mittel– sowie Nordwestgriechenland. Er blieb jedoch erfolglos so wie die früheren Versuche, die ohne konkrete politische Ziele waren. Erst gegen Ende des 18. Jh. mit der Verbreitung der Ideen der Aufklärung tauchen Bestrebungen auf, die nicht nur Kritik an der osmanischen Herrschaft ausübten, sondern ein national-emanzipatorisches Programm zur Sprache brachten.
Athanassios Diakos, Gemälde von Dionyssios Tsokos
Erst auf der Schwelle zum 19. Jh. erscheinen Texte in griechischer Sprache mit revolutionärem Inhalt. Die bekanntesten sind ohne Zweifel die Schriften von Rigas Velenstinlis (auch Rigas Feréos, 1757-1798), welcher im Jahr 1797 in Wien einen Verfassungsentwurf verbreitete, der sich stark an die französische Verfassung anlehnte und die Gründung einer „Hellenischen Republik“ offen propagierte. Wenig später, um die Jahrhundertwende, fing Adamantios Koraís (1748-1833) an, sich publizistisch zu betätigen. In Paris, wo er sich von 1788 bis zu seinem Lebensende aufhielt, verfasste er mehrere Schriften, edierte antike Autoren und lieferte einen großen Beitrag zu den revolutionären Bestrebungen. Er wurde zum bedeutendsten Vertreter der Griechischen Aufklärung.
Die Zeit der Napoleonischen Kriege hatte weiterhin deutlich den Boden für revolutionäre Bewegungen vorbereitet, welche einen Umsturz der osmanischen Herrschaft als deutliches Ziel hatten. Das osmanische Reich war im Laufe der Zeit geschwächt worden. Es entstanden innerhalb des Riesenreiches autonome Gebiete, welche die Macht der „Hohen Pforte“ offen in Frage stellten. Ein gutes Beispiel ist gewiss Ali Tepedelenli (1744-1822), der als Pascha von Ioannina seit Ende der 1780er Jahre den gesamten Südwestbalkan beherrschte und von 1807 an bis zum Jahr 1822, nachdem die türkische Regierung ihn eigentlich beseitigt hatte, als brutaler Alleinherrscher in dieser großen Region regierte. In seinen Diensten standen als Söldner auch viele Griechen, die mit dem Ausbruch des griechischen Unabhängigkeitskrieges von 1821 den Kampf gegen die osmanische Herrschaft fortsetzten.
Entscheidend für den Ausbruch der Revolution im Jahr 1821 war die sogenannte Filikí Etería (Gesellschaft der Gleichgesinnten – oder Freunde), die im Jahr 1814 im russischen Odessa gegründet wurde. Die Filikí Etería trug dazu bei, der griechischen Nationalbewegung ein konkretes Ziel zu geben, welches die Unabhängigkeit und die Befreiung Griechenlands war. Die legendären Gründer, Emmanouil Xanthos (1772–1852), Nikolaos Skoufas (1779–1818) und Athanassios Tsakalof (1788/1790–1851), gehörten zur oberen Sozialschicht und waren fest entschlossen, der osmanischen Herrschaft ein Ende zu setzen. Die Ideen der Filikí Etería fanden in den Donaufürstentümern große Verbreitung – der Boden, von dem aus im Februar 1821 der griechische Unabhängigkeitskrieg begann.
Am 22. Februar 1821 passierte Alexandros Ypsilantis (1792–1828), damals russischer Offizier und zu jener Zeit Vorsitzende der Filikí Etería, mit etwa fünfhundert Freiwilligen Kämpfern – die sogenannte Heilige Kompanie – den Fluss Pruth in Richtung Moldau, wo er die Hauptstadt Iasi einnahm und weiter nach Bukarest zog. Am 19. Juni 1821 wurde im oltenischen Drăgășani die Heilige Kompanie von den osmanischen Truppen geschlagen.
Dieser erste Versuch, der kläglich scheiterte, markiert jedoch den Anfang des griechischen Unabhängigkeitskrieges. Zur gleichen Zeit, während der Ereignisse in den Donaufürstentümern brach auf griechischem Boden, auf der Peloponnes, eine größere Erhebung aus. Als offizielles Datum gilt allgemein der 25. März 1821, der als religiöser Feiertag von Mariä Verkündigung heute zugleich auch der griechische Nationalfeiertag ist.
Im selben Jahr 1821 gab es mehrere Aufstände auf der Peloponnes und in Mittelgriechenland – mit der Folge der brutalen Ermordung von Athanassios Diakos im April 1821, einem jungen Diakon, der als erster in seiner Region die Landsleute zur Revolte aufrief. Auch in anderen Regionen Griechenlands kam es zur allgemeinen Erhebung, in Thessalien, in Epirus, in Südwestmakedonien, auf der Halbinsel Chalkidiki und in Thrakien. Der Aufstand weitete sich ebenfalls rasch auf die ägäischen Inseln, auf die Inseln Hydra, Spetses und Psará aus und es begann somit der Seekrieg, der im Oktober 1827 mit der großen Seeschlacht in der Bucht von Navaríno die große Wende in diesem ungleichen und verzweifelten Unabhängigkeitskrieg eines Davids gegen einen Goliath herbei führte.
Die Belagerung von Messolongi, Gemälde von Theodoros Vrysakis (1855)
Wenige Jahre noch zuvor ereignete sich in der Stadt Messolongi ein äußerst grausamer Zwischenakt, als die Stadt nach langer Belagerungszeit in die Hände der Türken fiel. Unter den Opfern war der bekannte englische DichterGeorge Gordon Noël Lord Byron (1788–1824), dessen Tod, wie auch das schreckliche Massaker auf der Insel Chíos, ganz Europa wachrüttelte.
Bereits am 4. April 1826, als die Belagerung von Messolongi kurz vor ihrem Ende stand, hatten Großbritannien und Russland in St. Petersburg ein Protokoll unterzeichnet, das die Gründung eines autonomen griechischen Staates unter osmanischer Suzeränität als mögliche Lösung des Konflikts in Betracht zog.
Nachdem Großbritannien und Frankreich als die Großmächte jener Zeit sich für die Unabhängigkeit Griechenlands immer mehr interessierten, kam es am 14. September 1829 zu dem sogenannten Friedensvertrag von Adrianopel, der die kriegerische Auseinandersetzung zwischen Russland und dem osmanischen Reich vorerst beendete. In diesem Vertag wurde die Autonomie Griechenlands mit einem christlichen Fürsten an der Spitze von den Türken offiziell anerkannt. Wenig später, am 3. Februar 1830, wurde schließlich das Londoner Protokoll unterzeichnet, welches die souveräne Erbmonarchie vorsieht und die Unabhängigkeit Griechenlands besiegelt. Danach, zwei Jahre später – am 7. Mai 1832 – wurde Otto, der Sohn des bayerischen Königs, als erster König Griechenlands eingesetzt. Es wurden gleichzeitig Großbritannien, Frankreich und Russland als Garantiemächte festgelegt. (AL)
Introbild: Rigas Feréos