Während der Einwanderungsperiode in den 1960er Jahren zum Wiederaufbau der Bundesrepublik Deutschland, ließen sich viele Griechinnen in Nordrhein-Westfalens nieder, um als sogenannte „Gastarbeiterinnen“ zu arbeiten und schließlich in ihre Heimat zurückzukehren. Als größte Stadt im Industriezentrum rund um das Rheinland bot die Landeshauptstadt Düsseldorf viele Möglichkeiten für Einwanderinnen, weshalb der Andrang besonders groß war. Ein Großteil der „Gastarbeiterinnen“ kehrte jedoch nicht nach Griechenland zurück, sondern fasste langfristig Fuß in Düsseldorf und Umgebung, sodass sich bis heute eine große griechische Diaspora gebildet hat.


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Hl. Apostel Andreas Kirche Düsseldorf
Das Griechische Generalkonsulat in Düsseldorf ist für ca. 130.000 Griechinnen und Griechen zuständig, was Nordrhein-Westfalen zur größten griechischen Auslandsgemeinde in ganz Europa macht.
Die Präsenz Griechenlands in Düsseldorf ist kaum zu übersehen: griechische Läden, Feste und Veranstaltungen begeistern nicht nur die griechische Diaspora, sondern auch Deutsche und Freundeinnen Griechenlands und bilden einen Ort der Begegnung, der die Kulturen vereint. Eine Reihe an griechischen Vereinen und Gemeinden fungiert als soziales und kulturelles Netzwerk, das eine entscheidende Rolle bei der Bewahrung des griechischen Kulturerbes spielt. Die griechische Sprache, Traditionen und kulturelle Identität wird lebendig gehalten und prägt das Gemeinschaftsleben vor Ort. Die sorgfältige Pflege des griechischen Kulturerbes ermöglicht auch den nachkommenden Generationen ihre Wurzeln zu bewahren und zugleich Brücken zwischen der griechischen und der lokalen Kultur zu schlagen. Eines der ersten kulturellen Zentren der griechischen Diaspora in Düsseldorf war die orthodoxe Gemeinde des Heiligen Apostel Andreas, die bereits 1960 gegründet wurde. Die ersten Jahre wurden Gottesdienste in anderen Kirchen gefeiert, bis 1985 der Bau einer eigenen Kirche begann, die durch Spenden der Gläubigen und zu großen Teilen der evangelischen und katholischen Kirche finanziert wurde. Im Jahre 1990 wurde die Griechisch-Orthodoxe Kirche des Heiligen Apostel Andreas geweiht. Heute zählt sie über 12.000 Besucherinnen und feiert Gottesdienste, Feste,


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Hl. Apostel Andreas Kirche Düsseldorf
Nationalfeiertage, sowie Taufen und Hochzeiten. Im Inneren der Kirche befindet sich eine außergewöhnliche Wandmalerei, die Düsseldorfer Wahrzeichen wie den Fernsehturm und das Schloss Benrath unter dem Schutz Gottes und der Gottesmutter zeigt. Sie verbindet das religiöse Motiv mit der lokalen Identität und steht als Symbol für die enge Beziehung der griechischen Gemeinde zu ihrer Stadt. Gemalt wurde das gesamte Kircheninnere von Nonnen aus Kreta.
In den Räumlichkeiten des Kirchengemeinde bieten die verschiedenen Brauchtumsvereine – Der Kretische Verein in Düsseldorf und Umgebung e.V., Verein der Epiroten „Dodoni“, der Thrakische Verein, der Pontische Verein „Xeniteas“ und der Verein der Thessalier – wöchentlich Tanzproben an und organisieren regelmäßig Tanzabende, zu denen renommierte Musikerinnen und Künstlerinnen eingeladen werden. Griechische Tradition, Instrumente, Folklore und Trachten aus allen Regionen Griechenlands werden vertreten und zelebriert, um die Gemeinschaft zu stärken. An Nationalfeiertagen wie dem 28.10. oder dem 25.03. nehmen die Vereine an den Kirchenfesten teil und erscheinen in ihren Trachten. Neben Tanz und Musik werden Theateraufführungen, Ausstellungen und Sportfeste organisiert, sowie Wohltätigkeitsveranstaltungen für wirtschaftlich benachteiligte Mitmenschen oder für Krisensituationen und Naturkatastrophen in Griechenland. Die „EnDrasi“, eine Gemeindegruppe für alle Altersklassen, bietet neben einem Tanz- und Theaterangebot auch Kunsthandwerkskurse an und organisiert jährlich einen Weihnachtsmarkt („Το χωριό των ξοτικών“) mit Bastel-, Musik- und Backangeboten für Kinder und Jugendliche. Ein besonders schönes Fest ist das jährliche Fest der Kirchengemeinde in Erinnerung an die Kirchweihe, an dem alle Vereine teilnehmen und zum gemeinsamen Tanz einladen.



© DGGD Vorsitzende Effi Bikaki (Mitte) mit den Festrednerinnen Dr. Marie-Agnes StrackZimmermann und Catherine Yannidakis-Hahne
Das lebendige kulturelle Leben in der griechischen Diaspora in Düsseldorf und Umgebung ermöglicht neuen Generationen an ihrer Identität festzuhalten und sie zu leben, sodass die griechische Sprache und Traditionen erhalten und weitergegeben werden können.
Der Erhalt der Sprache wird in Düsseldorf ganz individuell gefördert ohne eine Integration zu vernachlässigen: am Leibniz-Montessori Gymnasium können griechische Kinder muttersprachlichen Unterricht besuchen und sogar bis ins Abitur Prüfungen in Griechisch ablegen. Neben dem Sprachunterricht werden die Unterrichtsfächer Geschichte, orthodoxer Religionsunterricht, Geografie, Sozial- und Gesellschaftskunde in griechischer Sprache unterrichtet. Der bilinguale kulturelle Ansatz fördert die kulturelle und persönliche Identitätsbildung und -entwicklung, sowie die Interaktion zwischen deutscher und griechischer Kultur. Das innovative Bildungsprojekt existiert seit 1980 und integriert seit 2003 die Montessori-Pädagogik, Kindern der bereits dritten und vierten Generation einen multikulturellen Lernort bietet. „Wir sind Schüler der 7.

Klasse und sind sehr stolz darauf, dass wir die Möglichkeit haben, beide Sprachen und Kulturen zu erlernen.“, äußern Alexandros und Nikolas, Schüler der 7. Klasse.
Einen weiteren Schnittpunkt und Symbol gelungener Integration bildet die Deutsch-Griechische Gesellschaft Düsseldorf e.V. (DGGD). Der gemeinnützige Verein, der allein von Mitgliedsbeiträgen finanziert wird und von engagierten Ehrenamtlichen geleitet wird, bietet ein vielfältiges Programm mit Lesungen, Konzerten, Diskussionen und auch Austauschprogrammen für Jugendliche mit dem Ziel die Beziehung zwischen Menschen aus Griechenland und Deutschland zu stärken. Die DGGD setzt sich für Offenheit und integrative Kreativität ein, die keinen Raum für nationalistische Ideen und Gedanken lässt. Die Mitglieder des Vereins sind nicht nur Griechinnen der Diaspora, sondern vor allem Freundinnen Griechenlands und Interessierte der griechischen Kultur und Geschichte. Zur 70-Jahr-Feier der DGGD waren viele deutsche und griechische Gäste geladen, sowie ehemalige Vorstandsmitglieder. Zu den Gastrednerinnen gehörten neben Vertreterinnen der Stadt (Bürgermeisterin) auch die EU-Abgeordnete Frau Dr. Strack-Zimmermann.

Rheinuferpromenade Düsseldorf
Weiterführende Links:
https://www.mfa.gr/germany/de/das-generalkonsulat-in-duesseldorf/
agiosandreas.de
kreter-duesseldorf.de
leibniz-montessori.de
de-gr-gesellschaft.com
Titelbild: © Verein der Kreter Theater-, Musik- und Tanzabend im Gemeindezentrum des Hl. Apostels Andreas am 28.09.2024
Der Artikel wurde von Korina Maria Konta verfasst, die als Praktikantin in der E3-Direktion für Kulturelle, Bildungs- und Sportangelegenheiten des griechischen Außenministeriums tätig ist.
Fotos mit freundlicher Genehmigung der Deutsch-Griechischen Gesellschaft Düsseldorf




