Sie ist die zweitgrößte Insel der Kykladen und die nördlichste. Sie heißt auch „Mikrá Anglía“ (kleines England) wegen der vielen Kapitäne und Schiffsreeder, die von dieser Insel stammen. Bekannte Reederfamilien wie die Familien von Embirikos oder von Goulandris haben hier Ihren Ursprung.

Beim ersten Anblick ist sie eine raue und kahle Insel. Kommt man jedoch näher, dann sieht man schöne Sandstrände und macht die überraschende Erkenntnis, dass die Insel eine der fruchtbarsten der Kykladen ist. Zwischen den mächtigen Bergen liegen Täler mit üppiger Pflanzenwelt, es gibt Wasserfälle, viele Quellen und malerische Hänge mit Zypressen. Andros ist, was die Natur anbelangt, eine sehr abwechslungsreiche Insel.

Architektonisch hat Ándros wenig mit dem Rest der anderen Kykladeninsel gemein. Da Wasser reichlich vorhanden ist, kann man hier kaum die typische kubische Hausform sehen, die auf anderen kargen Inseln in der Ägäis immer wieder vorkommt. Hier auf Andros herrschen ziegelgedeckte Giebeldächer wie auf dem Festland vor. Im Hauptort, der Chóra von Ándros, findet man sogar eher eine städtische Atmosphäre mit klassizistischen Bürgerhäusern und prächtigen Villen, die der ganzen Insel einen majestätischen Charakter verleihen. Ándros liegt abseits der großen Touristenströme, wohl auch, weil es nicht von Piräus, sondern ausschließlich vom kleinen Hafen Rafína an der Ostküste Attikas erreicht werden kann.

Der Mythos bringt Ándros mit dem sagenumwobenen kretischen König Minos und dessen Bruder Radamanthis in Verbindung. Karer, Phönizier und schließlich minoische Kreter wechselten bei der Herrschaft der Insel in den vorchristlichen Jahrtausenden ab. Um etwa 1000 v. Chr. gab es einen großen Bevölkerungsschub mit von Ionien her stammenden Griechen. Wenig später, um 900 bis 700 v. Chr., wurde die Stadt Zagorá der Hauptort der Insel. Überreste einer Siedlung aus der geometrischen Epoche hat man am Kap der südlichen Westküste von Ándros gefunden. Es ist ein höchst seltenes Beispiel, welches von dieser frühen Zeit Zeugnis über das Leben gibt. Die Insel muss schon in dieser Zeit wohlhabend gewesen sein. Sie war bereits ein wichtiger Handelsstützpunkt zwischen Griechenland und Kleinasien, äußerst wasserreich, wie ja auch heute noch, und im Besitz einer größeren Flotte.

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Ab dem 6. Jh. v. Chr. bis mindestens ins 4. Jh. n. Chr. löst die Siedlung unterhalb des heutigen Paleópolis Zagorá als Hauptstadt ab. Reste der Mauern sind noch im Wasser zu erkennen. Ihr Niedergang findet während der römischen Besetzung in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten statt. Die zahlreichen Funde sind heute im kleinen aber feinen Archäologischen Museum von Ándros und im Museum von Paleópolis wunderbar ausgestellt. Ein besonders schönes Beispiel ist der sogenannte „Hermes von Ándros“, eine gut erhaltene Jünglingsstatue.

Die Byzantiner waren die nächsten Herren. Sie verhalfen Ándros zu erneuter Blüte. Zahlreiche Kirchen und Klöster entstanden. Ab dem Jahr 1202 wurde Ándros von Kreuzfahrern besetzt und nach dem Ende des 4. Kreuzzugs und der Aufteilung des byzantinischen Reiches besetzen die Venezianer die Insel. Sie errichten zahlreiche Kastelle und Wachtürme.

Die nächsten Jahrhunderte waren eine finstere Zeit für Andros, da die Türken mehrere Eroberungsversuche starteten. Im Jahr 1579 wird Ándros offizieller Bestandteil des türkischen Großreichs. Als die Griechische Revolution vor genau 200 Jahren ausgebrach, nahm Andros aktiv –auch in finanzieller Hinsicht- an dem Befreiungskampf teil. Sie wird schließlich befreit und 1832 dem neuen griechischen Staat angegliedert. Seitdem hat sich Andros zu einer bildschönen ägäischen Insel entwickelt, die viel Kulturelles zu bieten hat.

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Denn hier ist vor mehr als vierzig Jahren das bedeutende Goulandris Museum für zeitgenössische Kunst entstanden, das erste seiner Art in ganz Griechenland. Zunächst war der ursprüngliche Bau dafür gedacht, die Werke des bekannten griechischen Bildhauers Michael Tombros (1889-1974) zu beherbergen, die er seiner eigenen Heimat Andros geschenkt hatte. Wenige Jahre später, am 20. Juli 1986, wurde der Neue Flügel des Museums eingeweiht, wo, nach dem Wunsch des Ehepaars Vassilis und Elisa Goulandris, jeden Sommer bedeutende Ausstellungen zeitgenössischer Kunst präsentiert werden.

Bisher sind international beachtete Ausstellungen mit Werken von namhaften Künstlern des vorigen Jahrhunderts wie Matisse, Kandinsky, Balthus, Giacometti, Klee, Chagall, de Chirico, Rodin, Picasso, Braque, Mirò und vielen anderen veranstaltet worden (https://goulandris.gr).   

(AL)