Seit mehreren Jahrhunderten ist das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel das Herz der Ostkirche oder der Orthodoxen Kirche weltweit, die über 300 Millionen Gläubige umfasst. Seine Gründung geht auf die erste Zeit des Christentums zurück und zwar auf den Apostel Andreas, den Erstberufenen, der die Kirche in der Stadt Byzanz gegründet hatte, welche später zur Stadt des Konstantin wurde und Konstantinopel hieß. Der heilige Andreas wurde wegen dieser Begebenheit zum Schutzheiligen des Ökumenischen Patriarchats.

Die Georgskathedrale, Sitz des Ökumenischen Patriarchats, in Phanar / Foto: //www.flickr.com/people/8383084@N06„>Klearchos Kapoutsis from Santorini, Greece, Church of St. George, Istanbul (August 2010), Ausschnitt von graktuell, CC BY 2.0  

Die alte Stadt Byzanz, im siebten vorchristlichen Jahrhundert von dorischen Siedlern gegründet, war seit dem Jahr 330 n. Chr. die Hauptresidenz des Kaisers Konstantin, welcher sie zu Nova Roma (das Neue Rom) umbenannt hatte und sie mit prächtigen Gebäuden ausstattete. Sie wurde, nach der Teilung des Römischen Reiches, zur Hauptstadt des Ostteils, des Byzantinischen Reiches. Im Jahr 337 n. Chr., nach dem Tod des Kaisers Konstantin, wurde sie offiziell Konstantinopel umbenannt (heute Istanbul) und war Zentrum eines Reiches, das über ein Jahrtausend lebendig blieb, bis die Türken es im Jahr 1453 zerstörten und die Stadt eroberten.

Die Teilung des Römischen Reiches brachte mehrere theologischen Kontroversen mit sich. Im Laufe der Zeit und lange vor dem schicksalshaften Jahr 1054, wo es zwischen der West- und der Ostkirche zu einer Spaltung (Schisma) kam, bildeten sich Unterschiede, welche sich nicht nur auf Dogmen bezogen, sondern auch als Zeugnisse verschiedenartiger Denkweisen hervortraten.

Eine erste Differenz ergab sich während des berühmten Konzils von Chalkedon im Jahr 451, welches dem Patriarch von Konstantinopel eine Sonderstellung zuerkannte, eine Entscheidung, die den Papst deutlich verstimmte. Seit diesem Zeitpunkt kam es zu weiteren Spannungen. Einen Höhepunkt dieser Differenzen erlebte die Christenheit, als im Jahr 589 im Westen ein Zusatz zum Glaubensbekenntnis eingeführt wurde. Das kleine Wort „filioque“, bedeutend, dass der Heilige Geist nicht nur aus dem Vater, sondern auch aus dem Sohn hervorgeht, führte dann viel später zu der endgültigen Spaltung der zwei Kirchen im Jahr 1054.

2 patriarch(Links): Der Apostel Andreas und Stachys, der erste Bischof von Byzantion (dem späteren Konstantinopel). Mosaik aus dem Sitz des Patriarchen. Quelle: Wikimedia Commons. (Rechts): Der Doppeladler, das Symbol des Patriarchats von Konstantinopel. Relief an der Georgskirche. Foto: Colossus, Byzantine eagle – emblem of the Ecumenical Patriarchate of Constantinople, entrance of the St. George’s Cathedral, Istanbul, CC BY-SA 3.0

Nach theologischem, christlich-orthodoxem Selbstverständnis, ist die Orthodoxe Kirche, wie der bekannte Theologe Dumitru Staniloae es formuliert, eine „Vereinigung alles Seienden.“ Sie ist „dazu bestimmt, alles was da ist, Gott und die Schöpfung, in sich zusammenzuschließen. Sie ist die Erfüllung des ewigen Planes Gottes: die All-Einheit. In ihr ist Ewiges da und Zeitliches […] Die Kirche ist der Leib Christi“: Orthodoxe Dogmatik, (II. Band. Benziger, Zürich 1990, S. 162).

Auf das sechste nachchristliche Jahrhundert geht der Titel „Ökumenischer Patriarch“ zurück und wird nur dem Erzbischof von Konstantinopel vorbehalten. Der heutige Ökumenische Patriarch Bartholomäus hat als Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom, den Vorsitz der  Orthodoxen Christlichen Kirche weltweit und steht im Rahmen seines historischen Ehrenvorrangs und im Geiste der Brüderlichkeit allen orthodoxen Kirchenführern, den Patriarchen der alten Patriarchate von Alexandrien,  Antiochien und Jerusalem, ebenso wie den Patriarchen der jüngeren Patriarchate von Moskau,  Serbien,  Rumänien,  Bulgarien und Georgien vor.

Darüber hinaus trägt der Ökumenische Patriarch die geschichtliche und theologische Verantwortung dafür, die Zusammenarbeit zwischen den Orthodoxen Kirchen von Zypern, Griechenland, Polen, Albanien, Tschechien, der Slowakei, Finnland, Estland, sowie auch mit den zahlreichen Erzbistümern und Metropolien weltweit, denen in Europa, den Vereinigten Staaten von Amerika  und in Australien, zu fördern und zu koordinieren.

3 phanarPostkarte (ca. 1900) mit einer Ansicht des Viertels Phanar (türkisch: Fener) in Konstantinopel (Istanbul) / Quelle: Wikimedia Commons

Zudem ist er verantwortlich für die  gesamtorthodoxen Synoden und Begegnungen, für die Förderung des zwischenkirchlichen und des interreligiösen Dialogs. Dabei dient er der Orthodoxen Kirche in ihrer Gesamtheit als Wahrzeichen der Verbundenheit und als führende Stimme. Der Ökumenische Patriarch überschreitet nationale und ethnische Grenzen.

Der heutige Patriarch Bartholomäus wurde im Oktober des Jahres 1991 zum Erzbischof von Konstantinopel, Neu-Rom, und zum Ökumenischen Patriarchen gewählt.
Er setzt sich unermüdlich für die Versöhnung der christlichen Kirchen ein und hat sich internationales Ansehen wegen seines Aufrufs zum Erhalt der Schöpfung erworben. Gleichsam arbeitet er unablässig an der Förderung der Aussöhnung mit der römisch-katholischen und der anglikanischen Kirche, sowie mit anderen Konfessionen, wobei er auf theologische Gespräche und seine persönlichen Kontakte mit den jeweiligen Oberhäuptern aufbaut; mit ihnen diskutiert er Fragen von gemeinsamem Interesse.

Der Ökumenische Patriarch Bartholomäus arbeitet eng mit dem Weltkirchenrat zusammen und hat als Mitglied im Exekutivausschuss und im Zentralkomitee, sowie  in der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung gewirkt. Außerdem hat er auf seine eigene Initiative hin viele gemeinsame Treffen und Diskussionen zwischen muslimischen und jüdischen Oberhäuptern einberufen, um als Teil seines Bemühens den gegenseitigen Respekt und die religiöse Freiheit auf internationaler Ebene zu fördern.

Seine führende Position wurde neulich erneut bestätigt, als der Amerikanische Außenminister ihm einen offiziellen Besuch in seinem Sitz in Konstantinopel abstattete. (AL)

Website: http://www.ec-patr.org

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