Die Idee zur Gründung des Deutsch-Griechischen Jugendorchesters entstand im Rahmen eines internationalen Programms, das 2022 auf Korfu stattfand. Daran nahmen junge Musikerinnen und Musiker teil, die an Kammermusik-Workshops mitwirkten – finanziert vom EUphoria Youth Lab.
Im darauffolgenden Jahr übernahm das EUphoria Youth Lab – mit seiner kontinuierlichen Unterstützung für die Initiativen junger Menschen – die Gründung und Besetzung des ersten Deutsch-Griechischen Jugendsinfonieorchesters.
Der Hauptzweck des Orchesters ist es, einen Raum zu schaffen, in dem junge Musikerinnen und Musiker aus Griechenland und Deutschland gemeinsam leben und musikalisch zusammenarbeiten können. Ziel ist außerdem, das gegenseitige kulturelle Verständnis zwischen den beiden Ländern zu fördern sowie das Lernen und die Erweiterung der sozialen und musikalischen Horizonte der Teilnehmenden zu unterstützen.

Graktuell.gr sprach mit Kelly Manoudi, Gründerin und Geschäftsführerin des Deutsch-Griechischen Jugendsinfonieorchesters (DGjO) sowie Geschäftsführerin des EUphoria Youth Lab, über die Entstehung und Vision des Orchesters.

Kelly Manoudi ist Gründerin und Geschäftsführerin des Deutsch-Griechischen Jugendsinfonieorchesters (DGjO) sowie Geschäftsführerin des EUphoria Youth Lab, das sich auf die Planung und Durchführung internationaler Jugendprogramme mit Schwerpunkt auf Kultur und aktiver europäischer Bürgerschaft spezialisiert hat. Mit einem Studium der Restaurierung und Konservierung von Kunstwerken begann Kelly Manoudi ihre berufliche Laufbahn im Kulturbereich. Sie arbeitete über zwölf Jahre lang für öffentliche und private Einrichtungen, darunter auch für das Kulturministerium.
Von 2008 bis 2016 war sie an der Nationaloper tätig – im Bereich Kundenservice und VIP-Betreuung – und stand dort in direktem Kontakt mit der Produktion und Organisation großer kultureller Veranstaltungen.
Ihre schrittweise Beteiligung an europäischen Mobilitäts- und Austauschprogrammen für junge Menschen führte dazu, dass sie sich zunehmend auf das Projektmanagement konzentrierte. Sie übernahm aktive Rollen in NGOs wie ELIX und gründete zwei eigene Organisationen: Hellenic Youth Participation (2014) und das EUphoria Youth Lab (2018).
Im Jahr 2023 gründete sie das Deutsch-Griechische Jugendsinfonieorchester (DGjO), das sie bis heute leitet. Seit 2022 widmet sie sich ausschließlich der Konzeption, Koordination und Finanzierung von Musikprogrammen für Jugendliche – mit dem Ziel, künstlerische Gemeinschaften zu schaffen, die nationale und kulturelle Grenzen überschreiten.
Sie hat Griechenland auf wichtigen internationalen Foren vertreten, darunter:
-das Weltforum für Demokratie des Europarats (2014),
-UNESCO-UNEVOC in Bonn (2017),
-sowie das European Youth Event im Europäischen Parlament in Straßburg (2021), wo sie künstlerische Workshops für junge Kreative leitete.
Derzeit studiert sie Kulturmanagement an der Nationalen und Kapodistrias-Universität Athen. Zuvor absolvierte sie Bildungsprogramme zu Themen der europäischen Geschichte und Kultur, der internationalen Verhandlung und Mediation (University of St Andrews) sowie zur Kulturverwaltung – sowohl in Griechenland als auch im Ausland.
Sie spricht fließend Englisch und Spanisch, verfügt über sehr gute Kenntnisse in Italienisch und Französisch und wurde mit Auszeichnungen wie dem Greece Prestige Award (2020–2021) sowie den Education Leaders Awards (2021) geehrt.
Dank ihrer langjährigen Erfahrung in Bereichen wie der Organisation von Orchestertourneen, der Veranstaltungsplanung, der finanziellen Projektaufsicht und der Ausbildung junger Führungskräfte gelingt es ihr, ihre Projekte stets mit methodischem Vorgehen und visionärem Denken zu realisieren.

1) Wir möchten Sie bitten, uns das Deutsch-Griechische Jugendsinfonieorchester vorzustellen. Wie ist es entstanden? Wer ist sein Dirigent? Wie viele Mitglieder hat das Orchester, und aus welchen Ländern stammen sie jeweils? Wie oft und auf welche Weise werden die Orchestermitglieder erneuert?

Das Deutsch-Griechische Jugendsinfonieorchester entstand aus einem besonderen Moment der Zusammenarbeit und Inspiration: im Rahmen eines internationalen Kammermusikprogramms, das 2022 auf Korfu stattfand und an dem junge Musikerinnen und Musiker aus Griechenland und Deutschland teilnahmen. Dieses Programm wurde von der Jugendorganisation EUphoria Youth Lab organisiert und finanziert – als Teil ihres Engagements zur Förderung der künstlerischen Initiative junger Menschen.
Die wertvollen Erfahrungen dieses ersten Workshops führten bereits im darauffolgenden Jahr zur Gründung des ersten Deutsch-Griechischen Jugendsinfonieorchesters – erneut mit der vollen Unterstützung des EUphoria Youth Lab und auf meinen persönlichen Wunsch hin. Die Gründung des Orchesters unterstreicht die Notwendigkeit, moderne und lebendige Brücken der künstlerischen Kommunikation zwischen jungen Menschen beider Länder zu bauen – und dabei die Musik als Mittel des gegenseitigen Verständnisses und zur Überwindung überkommener Stereotypen zu nutzen.
Heute besteht das Orchester aus 40 jungen Musikerinnen und Musikern im Alter von 18 bis 26 Jahren, die im Verhältnis 50:50 Studierende oder Absolventinnen und Absolventen griechischer und deutscher Musikhochschulen bzw. anerkannter Konservatorien sind. Über das Hauptorchester hinaus sind im Laufe der Zeit parallele Musikensembles wie die Camerata und das Blechbläserensemble („Brass Ensemble“), entstanden, um noch mehr jungen Talenten eine aktive Teilnahme zu ermöglichen.
Die Struktur des Orchesters entspricht den Standards eines professionellen Musikunternehmens: Es verfügt sowohl über eine künstlerische als auch eine administrative Direktion, die eng zusammenarbeiten, um gemeinsam die künstlerische und organisatorische Strategie zu entwickeln. Es ist mir eine große Ehre, die administrative Leitung übernehmen zu dürfen. Die künstlerische Leitung hingegen wurde in jeder Phase von einer anderen Persönlichkeit gestaltet – eine Tatsache, die dem Orchester eine Vielfalt an Aufführungsansätzen und eine bemerkenswerte künstlerische Flexibilität verleiht.

2) Nach welchen Kriterien wird das Repertoire für die einzelnen Konzerte zusammengestellt? Wird dabei ein besonderer Schwerpunkt auf deutsche und griechische Komponisten gelegt, oder dominieren Werke des internationalen klassischen Repertoires?

Das Repertoire der einzelnen Konzerte wird in enger Zusammenarbeit mit dem künstlerischen Leiter ausgewählt. Die Auswahl orientiert sich an der künstlerischen Herausforderung, dem pädagogischen Wert und dem thematischen Schwerpunkt jedes Konzertprojekts. Selbstverständlich programmieren wir regelmäßig Werke sowohl griechischer als auch deutscher Komponisten, ohne uns jedoch darauf zu beschränken. Auch das internationale symphonische Repertoire hat seinen festen Platz in unserem Programm – stets mit dem Ziel, unsere kulturellen Verbindungen sichtbar zu machen.

3) Wie funktioniert die Zusammenarbeit im Orchester, wenn viele seiner Mitglieder in verschiedenen Ländern leben? Wie gelingt es, trotz der räumlichen Distanz effizient zu proben und ein qualitativ hochwertiges künstlerisches Ergebnis zu erzielen?

Das Orchester arbeitet in Form sogenannter „Musikperioden“ – intensiver Residenzen von 7 bis 10 Tagen, die abwechselnd in Griechenland und Deutschland stattfinden. Während dieser Zeit leben und arbeiten die Mitglieder gemeinsam: mit täglichen Proben, Kammermusik-Workshops und begleitenden kulturellen Aktivitäten.
Obwohl die Musikerinnen und Musiker in verschiedenen Ländern leben, erweist sich die gemeinsame Sprache der Musik immer wieder als stärker als jede Barriere.
Die hohe Qualität der Aufführungen wird zum einen durch die individuelle Vorbereitung der Teilnehmenden im Vorfeld in ihren jeweiligen Heimatländern, zum anderen durch die intensive Probenarbeit während der Residenz unter der Leitung erfahrener Dozent:innen und Dirigent:innen gewährleistet.

4) Unabhängig von den Herausforderungen der geografischen Entfernung – wie gelingt die Koordination eines Jugendorchesters mit so vielfältigem sprachlichen, bildungsbezogenen und kulturellen Hintergrund?

Tatsächlich erfordert die anfängliche Koordination besondere Aufmerksamkeit und Sensibilität. Die jungen Musikerinnen und Musiker kommen aus unterschiedlichen Ausbildungssystemen und bringen vielfältige Hintergründe und Erfahrungen mit.

Doch die gemeinsame Liebe zur Musik und die offene Bereitschaft zu lernen und zusammenzuarbeiten wirken wie ein Katalysator. Was anfangs wie eine Herausforderung erscheint, wird schließlich zum Vorteil: Vielfalt wird zum kreativen Werkzeug, und Unterschiede eröffnen neue Perspektiven.

5) Wie einfach ist es gegenseitiges Verständnis und Akzeptanz innerhalb des Orchesters zu fördern? Und inwieweit wirken mögliche Vorurteile nach, die während der Wirtschaftskrise ab 2010 das Verhältnis zwischen den beiden Völkern belastet haben?

Die Krise von 2010 hat zweifellos Risse in der gegenseitigen Wahrnehmung der beiden Völker hinterlassen. Durch persönlichen Kontakt, Zusammenarbeit und gemeinsames Leben werden diese Vorurteile jedoch Schritt für Schritt abgebaut. Unsere jungen Menschen bringen die Bereitschaft mit, zu lernen und zu verstehen – sie tragen nicht die Last vorgefasster Meinungen.
So entsteht im Orchesteralltag ein neues Beziehungsmodell, das auf Respekt, Wertschätzung und gemeinsamer Gestaltung basiert.

6) Wir würden Sie gern bitten, uns von den letzten Konzerten des Deutsch-Griechischen Jugendorchesters in Griechenland zu berichten und wie diese vom griechischen Publikum aufgenommen wurden.

Unser jüngstes Konzert in Griechenland fand am 22. Dezember 2024 in Athen mit großem Erfolg statt: Das Festkonzert des Deutsch-Griechischen Jugendorchesters „Iuvenes Musici“ wurde in der Heiligen Katholischen Kathedrale des Heiligen Dionysius Areopagitis gegeben – einem Ort von besonderer akustischer und historischer Bedeutung für die Stadt.
Auf dem Programm standen zwei bedeutende barocke Werke: Antonio Vivaldis Gloria sowie Auszüge aus Georg Friedrich Händels Messias, deren Interpretation die Feierlichkeit und Pracht der Festtage eindrucksvoll zum Ausdruck brachte. Das Konzert wurde durch die Mitwirkung des Chors der Nationalen Technischen Universität Athen sowie des Filii Notas-Chores bereichert. Als Solisten wirkten Anita Soussi (Sopran) und Willy Kyriakopoulou (Mezzosopran) mit. Die musikalische Leitung hatte Maria Bazou inne, während Michalis Economou die künstlerische Leitung der Saison innehatte.
Die Reaktion des griechischen Publikums war sehr bewegend. Trotz des anspruchsvollen Repertoires war die Beteiligung, Begeisterung und Akzeptanz während des gesamten Abends deutlich spürbar. Da der Eintritt frei war, konnten Menschen jeden Alters ein seltenes musikalisches Erlebnis internationaler Zusammenarbeit und künstlerischer Koexistenz genießen. Erstmals in diesem Jahr bieten wir dem Publikum zudem die Möglichkeit, das Konzert online zu verfolgen: Der Live-Mitschnitt ist ab sofort auf Spotify verfügbar und ermöglicht es jedem, diesen einzigartigen musikalischen Moment erneut zu erleben oder neu zu entdecken.
Diese Initiative wurde mit Kofinanzierung des Deutsch-Griechischen Jugendwerks realisiert, das den deutsch-griechischen Jugendaustausch und kulturelle Synergien konsequent fördert.

7) Glauben Sie, dass diese Zusammenarbeit als Vorbild für andere bilaterale oder multilaterale Kooperationen im Kunstbereich dienen könnte? Sind Ihnen zudem weitere Jugendkooperationsprojekte mit Deutschland in anderen künstlerischen Disziplinen, wie Theater, Film oder Tanz, bekannt?

Absolut. Das Deutsch-Griechische Jugendorchester ist bereits ein Vorbild für gute Praxis für transnationale kulturelle Zusammenarbeit mit Schwerpunkt auf jungen Menschen. Es wurde bereits von anderen griechischen Jugendorchestern übernommen, die entweder junge deutsche Musiker oder Jugendorchester aus Deutschland zu gemeinsamen Konzerten einladen.
Dieses Modell lässt sich selbstverständlich auch auf andere Bereiche wie Theater, Tanz oder Kino übertragen, in denen ebenfalls ein großer Bedarf an interkultureller Vernetzung und Zusammenarbeit besteht.
Wir wissen, dass sowohl das Deutsch-Griechische Jugendwerk als auch verschiedene Kulturinstitutionen Initiativen zur Gründung gemischter künstlerischer Jugendgruppen unterstützen und hoffen, dass diese Projekte bald eine ähnliche positive Wirkung entfalten werden.

8) Ein transnationales Musikunternehmen wie Ihres erfordert offensichtlich erhebliche Ressourcen. Vor welchen finanziellen Herausforderungen steht das Orchester derzeit am meisten?

Der Betrieb eines transnationalen Jugendsinfonieorchesters wie unseres erfordert eine mehrstufige und stabile finanzielle Unterstützung, da er sich nicht nur auf künstlerische Aktivitäten beschränkt, sondern auch organisatorische, pädagogische und interkulturelle Komponenten umfasst. Die wichtigsten wirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, betreffen vor allem:
– Die Reise- und Unterkunftskosten der Musiker, die in verschiedenen Städten und Ländern leben.
– Die Finanzierung von Intensiv-Workshops, Proben und Konzerten, die jährlich an wechselnden Orten stattfinden.
– Die Honorare sowie die technische Unterstützung für Dirigenten, Lehrer, Produktionspartner und künstlerische Mitwirkende.
– Die Miete von Sälen, Instrumenten und Equipment sowie die professionelle Audio- und Videoaufzeichnung der Konzerte.
– Schließlich ist es essenziell, in die Kommunikation und Promotion unserer Arbeit zu investieren, um das Interesse der Öffentlichkeit und der Beteiligten dauerhaft zu sichern.

Trotz der wertvollen Unterstützung durch öffentliche und europäische Einrichtungen, wie das Erasmus+-Programm und das Deutsch-Griechische Jugendwerk, bleibt unser Projekt finanziell verletzlich – zumal es stark auf Freiwilligenarbeit und das persönliche Engagement aller Beteiligten angewiesen ist. Deshalb sind wir kontinuierlich auf der Suche nach strategischen Partnerschaften und Sponsoring, sei es von institutionellen Kultureinrichtungen oder sozial verantwortlichen Unternehmen, die die Bedeutung solcher Initiativen für die neue Generation und das interkulturelle Zusammenleben erkennen.
Musik verbindet – doch damit sie dies auch weiterhin tun kann, braucht sie praktische Unterstützung.

Mehr Informationen: egondgjo.eu

Fotos mit freundlicher Genehmigung von Kelly Manoudi.